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Christian Schmidt, Vorstand Prisma AG
Christian Schmidt, Vorstand Prisma AG

Bei diesen Herausforderungen ist die Politik gefragt

Nach der Fachtagung in Travemünde sprach Cutes & Friends mit Prisma-Vorstand Christian Schmidt über die Erwartungen an das kommende Jahr, die Initiative „Stadtretter“ und wie die Kooperation ihre Mitglieder bei der Personalsuche unterstützt.

Wie war die Resonanz auf die Fachtagung in Travemünde? Welche Ideen sind dort entstanden? Gab es besondere Herausforderungen?

Wir haben von allen unseren Gästen ein super Feedback für die Veranstaltung erhalten. Das freut uns sehr. Die meisten unserer Mitglieder waren zwei Tage vor Ort und konnten die außergewöhnliche Atmosphäre in Travemünde genießen. Einfach einmal raus aus dem Tagesgeschäft und Kraft tanken war für viele die Devise. Unsere Veranstaltungen haben einen familiären, persönlichen Charakter und fördern die Kommunikation untereinander. Die gesamte Fachtagung war komplett ausgebucht, und wir mussten sogar einigen Mitgliedern leider absagen. Dieser große Zuspruch war auch für uns neu und hat uns natürlich sehr gefreut.
Auf der Veranstaltung informieren wir unsere Mitglieder über das vergangene Geschäftsjahr der Prisma und gehen auf aktuelle Themen ein. Obwohl wir mit unserer Entwicklung im vorigen Jahr sehr zufrieden sind, wird die Lage im Einzelhandel immer herausfordernder. Der bürokratische Aufwand, der auf den Schultern der Händler lastet, ist doch jetzt schon kaum zu meistern, und dann tragen der Fachkräftemangel und das Thema Mindestlohn zu einer weiteren Verschärfung der Lage bei. Auf diese Themen muss die Politik Antworten finden, sonst wird der Einzelhandel immer mehr aus den Städten verschwinden und sich die Innenstädte stark verändern.

In angenehmer Umgebung direkt an der Ostsee fand in diesem Jahr die Prisma-Fachtagung statt.
In angenehmer Umgebung direkt an der Ostsee fand in diesem Jahr die Prisma-Fachtagung statt.

Was sind Ihre Erwartungen für das laufende Jahr und für 2025? Wie werden Sie die Händler:innen strategisch begleiten?

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind weiterhin schwierig für den Einzelhandel. Viele Standorte klagen über einen Rückgang der Kundenfrequenz. Darüber hinaus finden die Unternehmen kaum noch passendes Personal. Da stellt sich für viele Unternehmer:innen aufgrund ihres Alters die Frage, ob sie einen geeigneten Nachfolger finden oder letztendlich ihren Betrieb aufgeben müssen. Somit findet im Einzelhandel eine Konsolidierung statt, die in den nächsten Jahren noch weiter an Dynamik aufnehmen wird. Für uns als Prisma hat das Wohl des Händlers oberste Priorität. Da wir unseren Mitgliedern nichts verkaufen wollen und einen engen persönlichen Kontakt zu unseren Händlern pflegen, genießen wir als unabhängige Instanz großes Vertrauen im Mitgliederumfeld. Dabei unterstützen wir unsere Händler bei alltäglichen Problemen genauso wie bei strategischen Fragestellungen wie z.B. Standortübernahme, -optimierung oder Betriebsschließung. Bei all diesen Herausforderungen glaube ich dennoch an eine Zukunft des stationären Fachhandels. Durch Homeoffice und Digitalisierung nimmt der persönliche Kontakt unter den Menschen immer mehr ab. Hinzu kommt noch, dass Großvertriebsformen überhaupt nicht mehr auf die Kunden eingehen können, da sie zu wenig Personal haben. Davon werden Geschäfte profitieren, die persönlich mit Ihren Kunden kommunizieren und ein schönes Einkaufserlebnis schaffen. Diesen Trend in Richtung persönlicher Kommunikation und Wertschätzung unterstreicht auch der Vortrag „WOW! Persönlicher Service macht den Unterschied“ von Sabine Hübner, den sie auf unserer Fachtagung gehalten hat. Dass wir mit unserer Strategie nicht ganz falsch liegen, zeigen auch die Zahlen aus dem ersten Halbjahr 2024. Wir freuen uns, dass wir dank unserer Mitglieder leicht über dem Umsatz aus dem Vorjahr liegen.

Entspannte Atmosphäre auf der „MS Hansa“ und viel Zeit zum Netzwerken – die Teilnehmer:innen genossen die gemeinsame Schifffahrt.
Entspannte Atmosphäre auf der „MS Hansa“ und viel Zeit zum Netzwerken – die Teilnehmer:innen genossen die gemeinsame Schifffahrt.

Was ist eigentlich aus der Initiative "Stadtretter" geworden? Gibt es weitere Aktivitäten in diese Richtung?

Wir sind seit 2022 Mitglied der Initiative und unterstützen die „Stadtretter“ weiterhin. Herr Müller-Schleipen war bereits Gastredner auf einer unserer Fachtagungen und hat die „Stadtretter“ unseren Mitgliedern vorgestellt. Die Themen und Projekte, die dort angegangen werden, betreffen die Innenstädte in Kombination mit dem Einzelhandel und den Kommunen. Ziel ist es, die Innenstadt als attraktiven Ort der Begegnung und des Austausches für die Menschen zu erhalten. Die „Stadtretter“ sind sehr umtriebig und bringen die Entscheidungsträger vor Ort zusammen. Daraus entstehen dann Projekte und Best-Practice Beispiele, an denen sich andere Kommunen orientieren können. Auch das Thema Generationenwechsel im Handel hat die Initiative aufgegriffen und startet am Standort Großenhain ein Pilotprojekt. Hier wurden wir als Prisma angefragt, ob wir unsere Erfahrungen und Expertise zum Erhalt einer Einzelhandelsstruktur einbringen können. Was wir natürlich gerne tun.

Welche Bedeutung hat der Fachkräftemangel für die Prisma AG und wie unterstützen Sie Ihre Mitglieder?

Unser Prisma-Team besteht aus fünf Personen. Dort macht sich der Fachkräftemangel noch nicht so stark bemerkbar. Bei vakanten Stellen merken wir allerdings, dass es sehr schwierig ist, geeignetes Personal zu finden. Die Babyboomer gehen in Rente und zu wenige Schulabgänger drängen auf den Arbeitsmarkt. Die IHK Bayern hat ausgerechnet, dass im Zeitraum von 2021 bis 2030 insgesamt 1,3 Millionen Menschen weniger zur Verfügung stehen werden. Wir sprechen hier jetzt nur von Bayern. Dies führt dazu, dass nicht alle Stellen adäquat besetzt werden können und ein noch stärkerer Wettbewerb um Fachkräfte entstehen wird. Dieses Problem kann nur die Politik lösen, indem wir für Arbeitnehmer attraktive Rahmenbedingungen schaffen – auch über die Grenzen hinaus.

Wie unterstützen Sie Ihre Mitglieder bei der Präsenz auf den vielfältigen B2B-Online-Marktplätzen und Social-Media-Kanälen und wie entwickeln Sie Ihre eigene Social-Media-Strategie weiter?

Ich denke, dass gerade der Bereich Social Media extrem gut zum Fachhandel passt. Über diesen Kanal können die Händler Produkte oder Dienstleistungen durch eine emotionale Ansprache und eine persönliche Note an ihre Kunden kommunizieren. Natürlich wollen wir, dass die Kunden persönlich in die Geschäfte kommen, aber dafür ist eine Kundenansprache über die sozialen Medien unerlässlich. Themen wie Schulanfang oder Schulranzenberatung eignen sich hervorragend hierfür. Auch im Bereich Buch gibt es viele erfolgreiche Beispiele, wie man seine Kunden begeistern und an sich binden kann. Daher ist es auch selbstverständlich, dass Best Practice Beispiele auf unseren Erfa-Tagungen besprochen werden und dort Social Media einen festen Platz einnimmt. Natürlich unterstützen wir unsere Händler mit zahlreichen Postingvorlagen zu den unterschiedlichsten Themen im Verkauf und bieten auch Weiterbildungsveranstaltungen mit externen Experten an. Darüber hinaus hatten wir im Februar ein Webinar zum Thema ebay als digitaler Verkaufskanal, an dem 40 Händler teilgenommen haben. Anhand der großen Resonanz aus dem Händlerkreis erkennt man die Wichtigkeit für den Fachhandel.

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